25. Februar 2012
Lautlos ging er durch die Straßen. In seinem Kopf wiederholten sich immer wieder die gleichen schrecklichen Bilder, wie bei einer Endlosschleife. Er merkte kaum, wie ein Junge ihn gewaltsam anrempelte und hinter ihm eine alte Dame fluchte. All das geschah wie in Zeitlupe. Sein Gehirn wollte einfach nicht mehr klar denken. Diese Bilder gingen ihm nicht aus dem Kopf. Innerlich wusste er aber auch, dass er sie nicht loswerden wollte. Sie waren wie eine Droge für ihn geworden. All die Monate hatte er an diesen Erinnerungen gelitten, hatte Albträume gehabt, schreckliche Albträume, die ihm jedes Mal zeigten, dass dieses Unglück tatsächlich passiert war. Jetzt wusste er, dass er ohne sie nicht leben wollte. Sie waren ein Teil seines Lebens, ohne die es keinen Sinn hatte, zu leben.
Langsam kam er in die Realität zurück. Der Regen prasselte auf ihn ein. Er hatte gar nicht bemerkt, wann es angefangen hatte zu regnen. Er blieb mitten im Weg stehen und schaute sich um. Er war in einer abgelegenen Gasse gelandet. Am gegenüberliegenden Ende stand ein durchnässtes schlankes Mädchen mit hellbraunem langem Haar, das ihm zulächelte. Selbst von weitem konnte er erkennen, dass sie ein außerordentlich schönes Gesicht hatte. Ungläubig starrte er sie an. Sie war zurückgekommen! Seit Monaten hatte er auf diesen einen Moment gewartet. Diesen Moment, an dem er sie für immer in die Arme schließen konnte. Sehnsucht stieg in ihm auf. Instinktiv rannte er auf sie zu und blieb einige Zentimeter vor ihr stehen. Sie schaute ihn mit ihren schokoladenbraunen Augen liebevoll an, ehe er sie in die Arme schloss. Eine Träne kullerte über seine Wange, als er anfing zu schluchzen. All der Schmerz von den letzten Monaten, all die Qualen kamen jetzt wieder in ihm hoch. Er presste seine Wange an ihre Schulter und sog ihre Wärme in sich hinein, während weitere Tränen auf ihren bereits klatschnassen Mantel fielen. „Verlass mich nicht. Bitte.“, flüsterte er kaum hörbar und schloss die Augen. Die Wärme schien ihn zu besänftigten. „Ich will dich nicht wieder verlieren.“ Einen Moment lang blieb er so stehen. Dann öffnete er langsam die Augen, ließ sie wieder los und trat einen Schritt zurück. Verwirrt starrte er in den noch immer prasselnden Regen. Sie war weg. Sie hatte ihn wieder verlassen. Noch immer ungläubig schaute er sich um, als ihm mit einem bedrückenden Gefühl klar wurde, dass sie gar nicht da gewesen war und es auch nie sein würde. Er hatte sie in jener Nacht verloren und würde sie nie wieder zurückbekommen. Er blickte verzweifelt zum verdunkelnden Himmel empor, als er von der plötzlichen Erkenntnis geschockt auf die Knie fiel. Der Regen vermischte sich daraufhin mit den Tränen, die nun seine Augen füllten. „Ich liebe dich“, murmelte er sehnsüchtig, „und ich werde ich immer lieben, egal, wo du gerade bist.“